Heimat- und Geschichtsverein Alzenau e.V.

 

Überblick über die Geschichte des Alzenauer Stadtteils Wasserlos

 

Pavillion Wasserlos

In einer der ältesten schriftlichen Erwähnungen wird eine Ansiedlung mit der Bezeichnung "Wasserlaiß", "Wasserlois" und "Wasserflois" genannt. Die Worte stammen aus dem Althochdeutschen und werden von Etymologen mit "Siedlung am fließenden Wasser" übersetzt. Es wird angenommen, dass es sich dabei um den damaligen Namen der Ortschaft Wasserlos handelt. Wasserlos ist seit der Gebietsreform im Jahr 1972 Stadtteil von Alzenau und liegt südlich von Alzenau am Westhang des Hahnenkamms auf etwa 150 m über NN. Von der sehr frühen Besiedlung unserer Region zeugen bei archäologischen Untersuchungen gefundene Grabstätten. Bei späteren Grabungen wurden ca. 100 Brandgräber aus der Spätlatènezeit in der Flur mit der Bezeichnung Klosterpacht/Neuberg entdeckt und herrliche Grabbeigaben gesichert. Ein weiteres Indiz für die sehr frühe Besiedlung unserer Region ist eine frühgeschichtliche Ringwallanlage auf dem Schanzenkopf östlich von Wasserlos.


  • 1250 wird Sybold Schelris in Wasserlos unter Erzbischof und Kurfürst Christian II. (von Bolanden) als Vicedom des Erzbistums Mainz erwähnt. Sein Bruder Friedrich Schelris ist zu dieser Zeit Burggraf auf der Starkenburg bei Heppenheim an der Bergstraße. Die Familie Schelris besitzt eine Wasserburg oberhalb der damaligen Ansiedlung. Dazu sind weite Besitzungen und Eigengüter in der näheren und weiteren Umgebung bekannt. Die Familie Schelris in Wasserlos steht in Diensten des Erzbistums und Kurfürstentums Mainz, der Grafen von Hanau und des Klosters Seligenstadt.
  • Ab 1282 wird in Wasserlos urkundlich nachweisbar Weinbau betrieben.
  • 1403 wird ein Hermann Schelris als königlicher Burgmann in der Kaiserpfalz in Gelnhausen erwähnt.
  • 1405 wird im so genannten "Wetterauer Räuberkrieg" die Burg der Herren Schelris in Wasserlos geschleift, weil sich Mitglieder der Familie als Raubritter betätigt hatten. Die Familie erbaute dann näher am Dorf Wasserlos ein neues Zuhause.
  • Weibliche Mitglieder der Familie werden zu verschiedenen Zeiten in Klöstern der näheren und weiteren Region in Klosterschriften und Urkunden genannt.
  • 1412 bis 1445 wird Elisabeth Schelris als Äbtissin im Kloster Himmelthal im Spessart, heute Eschau, erwähnt.
  • 1490 wird Dorothea Schelris Äbtissin im Zisterzienserinnenkloster Marienschloss in Rockenberg in der Wetterau. Die Ortschaft gehört heute zur Stadt Münzenberg, das ehemalige Kloster wird als Justizvollzugsanstalt genutzt.
  • 1504 verstirbt der letzte männliche Schelris und soll in der Abteikirche des Klosters Seligenstadt beigesetzt sein. Mit ihm erlischt die Familie Schelris im Mannesstamm. Bereits davor hatte sich die Familie in mehrere Linien aufgespalten.
  • Das große Wasserloser Schlossgut wird in mehrere Teile geteilt. Es bestehen über lange Zeit mehrere adelige Güter nebeneinander.
  • Auch das Kloster Seligenstadt hat um diese Zeit schon eine Vogtei mit einigem Grundbesitz in Wasserlos.
  • 1560 erwirbt Philipp von Bicken, der Amtmann in Steinheim war, einen Teil des Schlossguts mit fünf Morgen Weingärten.
  • 1561 kann er nochmals 2 ½ Morgen Wingert dazukaufen. Ebenfalls erwirbt er im gleichen Jahr 232 Morgen Wiesenland.
  • 1588 wird der kurmainzische Vogt in Seligenstadt, Caspar Stern, als Besitzer eines Teils des Schlossguts Wasserlos genannt. Er hatte zwei halbe Hofraithen mit Scheuer, Keller und Keltern und dazu acht Morgen Wingert gekauft.
  • Im gleichen Zeitraum wird auch die Adelsfamilie der Küchenmeister als Teilbesitzer des Anwesens und als Pfleger und Stifter der Katharinenkapelle urkundlich sichtbar.
  • 1600 erwirbt Jost Philipp von Bicken in Wasserlos Haus- und Grundbesitz.
  • Ebenfalls 1600 wird Wolf Adam von Schwalbach als Mitbesitzer von Grundeigentum in Wasserlos erwähnt.
  • 1698 vermählt sich Magdalena von Bicken mit Johann Martin Ludwig von Schleifras.
  • 1717 wird ein neuer Klosterhof des Klosters Seligenstadt unter Abt Blöchinger gebaut.
  • Ebenfalls 1717 stirbt mit Friedrich Wilhelm von Bicken die Wasserloser Linie der Familie im Mannesstamm aus und das Ehepaar von Schleifras übernimmt alle Güter der Familie. Den neuesten Erkenntnissen zufolge ließ wahrscheinlich die Familie Schleifras die Schelris-Burg abbrechen und das Schloss Wasserlos erbauen.
  • Das Forsthaus in der Bezirksstraße wird 1732 fertig gestellt und dient bis 1975 als Forstdienststelle des staatlichen Forstamts Aschaffenburg.
  • 1757 erlischt mit dem Tod von Frantz Albert das Geschlecht der Freiherren von Schleifras im Mannesstamm. Deren überschuldeter Wasserloser Besitz muss versteigert werden. Dazu muss die alte Frage geklärt werden, ob es sich um ein freiadeliges Gut handelt, das der Mittelrheinischen Reichsritterschaft angehört. Doch das Erzbistum Mainz versucht die Oberherrschaft über die Wasserloser Güter zu bekommen.
  • 1748 wird in einem beim Reichskammergericht Wetzlar anhängigen Prozess entschieden, dass die Versteigerung der Wasserloser Güter gemeinsam vom Kurfürstentum Mainz und der Mittelrheinischen Reichsritterschaft vorgenommen werden muss.
  • Die Versteigerung kommt in der Folge zustande.
  • 1767 erwirbt Prinz Ludwig Eugen von Württemberg die Güter und lässt 1767/68 das Schloss Wasserlos im Stil der damaligen Zeit umbauen.
  • Das 1768 vollendete Schloss wird noch im selben Jahr bezogen. Prinz Ludwig Eugen von Württemberg erwirbt noch einiges an Grund und Boden dazu und lässt einen Park nach englischem Vorbild anlegen.
  • 1778 muss Prinz Ludwig Eugen seinen Wohnsitz in Wasserlos verlassen. Er erwirbt in Weiltingen bei Stuttgart ein Schloss und lässt es renovieren. Danach übersiedelt er und mit ihm  der gesamte aus 125 Personen bestehende Hofstaat. Wasserlos verliert einen Großteil seiner Einwohner.
  • 1784 wird das Schlossgut an verschiedene Interessenten verkauft und verliert dadurch seine Einheit. Einen Teil erwirbt Carl Freiherr von Hoheneck, Domherr zu Mainz, und der andere Teil wird an den Freiherrn von Gagern verkauft.
  • 1785 erwirbt Marquise du Chasteler einen Teil des Gutes des Freiherrn von Gagern.
  • 1792 übernimmt ihr Sohn Gerard du Chasteler das Erbe und erwirbt weitere Güter (Schlösschen Michelbach, Hüttenberg und den Lindenhof bei Emmerichshofen) dazu. In diese Zeit fällt auch die Erbauung des Pavillons (heute Krieger-Ehrenmal) im Kirschgarten in Wasserlos.
  • 1804 kauft Gerard du Chasteler auch das zweite Gut auf, bis dahin im Besitz des Freiherrn von Hoheneck. Nach dem Tod seiner Frau und einiger seiner Kinder verkauft er das Schlossgut und zieht nach Wien. Seine älteste verheiratete Tochter lebt auf dem Lindenhof bei Emmerichshofen.
  • 1812 erwirbt Victor Amadeus Landgraf von Hessen-Rothenburg das Schlossgut in Wasserlos.
  • Nach dessen Ableben im Jahr 1824 kauft der geheime preußische Finanzrat Johannes von Menz das Schlossgut und wohnt dort mit seiner Frau. Nach seinem Tod wird er auf dem Kirchberg in Alzenau beigesetzt.
  • Am 25. August 1840 besucht der bayerische König Ludwig I. mit seiner Gemahlin Königin Therese, Kronprinz Maximilian, der Großherzogin von Hessen, der Prinzessin Adelgunde und der Prinzessin Paula von Württemberg und seinem Gefolge den Hahnenkamm, um dort seinen 54. Geburtstag zu feiern. Auf dem Rückweg nach Aschaffenburg legt er bei Frau von Menz im Schloss Wasserlos eine Rast ein.
  • 1841 verstirbt Frau von Menz und wird an der Seite ihres Mannes auf dem Alzenauer Friedhof auf dem Kirchberg beigesetzt.
  • 1841 bieten die Erben des Freiherrn von Menz das Gut mit dem Schloss zum Verkauf an. Aus diesem Jahr existiert eine präzise Beschreibung der Verhältnisse des Schlossguts und des Dorfes Wasserlos.
  • 1845 erwirbt Freifrau Maria Ludovica Catharina Rozier von des Bordes, geb. Brentano von La Roche, die Schwester von Clemens Brentano, das gesamte Schlossgut als Altersruhesitz.
  • Ihre Adoptivtochter ehelicht Moritz Graf von Bentheim-Tecklenburg-Rheda. Aus dieser Ehe gehen drei Kinder hervor. Ludovica verfügt in ihrem Testament, eine Stiftung zu errichten.
  • Aus ihrem Vermögen sollen 2000 Gulden für den Bau einer katholischen Kirche in Wasserlos zur Verfügung stehen. Für 2000 Gulden sollen arme und kranke Einwohner von Wasserlos unterstützt werden. 200 Gulden sollen für zwei Seelenmessen pro Jahr ausgegeben und für die verbleibenden Zinsen des restlichen Kapitals die Kapelle am Schloss erhalten werden.
  • 1854 verstirbt Ludovica im Alter von 67 Jahren.
  • 1866 richtet Moritz Graf von Bentheim-Tecklenburg-Rheda im Schloss Wasserlos ein Lazarett ein. Dort werden die Verletzten der Kämpfe bei Aschaffenburg und Laufach im Deutschen Bruderkrieg versorgt. Graf Moritz regt auch die Gründung der Bezirkssparkasse Alzenau an und gründet das Blindeninstitut in Würzburg, das heute noch besteht und seinen Namen trägt.
  • 1868 wird das Schlossgut erneut verkauft. Neuer Besitzer wird Edmund Parish aus der englischen Adelsfamilie Parish. In dieser Zeit kommt es zur Renovierung der gesamten Schlossanlage.
  • 1901 verkauft Oskar Freiherr Parish von Senftenberg sein Anwesen an Baron Hugo Mumm von Schwarzenstein. Der neue Besitzer gestattet den wenigen evangelischen Einwohnern von Wasserlos, ihre Gottesdienste in seiner Gesindestube abzuhalten und richtet später im Pavillon im Kirschgarten einen Gottesdienstraum ein. Auch fördert er den Bau der evangelischen Kirche in Alzenau, die im Jahr 1908 eingeweiht wird.
  • 1916 wird das Schlossgut an den Zigarrenfabrikanten Wilhelm Weigang verkauft. Das Anwesen wechselt damals gegen Kriegsanleihen seinen Besitzer. Dieser lässt das frühere Mansarddach des Schlosses abbrechen, das Innere des Gebäudes umbauen und beraubt es damit seines majestätischen Aussehens. Wegen großer Steuerschulden flüchtet Wilhelm Weigang 1934 in die Schweiz und hinterliässt das große Gut seiner Frau.
  • 1942 wird das Schloss mit dem gesamten Gut an die Reichsjugendführung der NSDAP verkauft und von dieser als Verwaltungssitz genutzt.
  • Danach wird es als Lazarett für die Verwundeten der Kämpfe in der näheren und weiteren Umgebung verwendet.
  • Von 1945 bis 1948 untersteht das gesamte Areal dem Alliierten Kontrollrat, der es 1948 an den neu entstandenen Freistaat Bayern übereignet. In dieser Zeit wird im Schloss ein Krankenhaus eingerichtet, da das alte Spital in Alzenau zu klein geworden ist.
  • 1951 wird ein erneuter Besitzwechsel vollzogen. Der damalige Landkreis Alzenau wird Eigentümer und betreibt weiter das Kreiskrankenhaus im Schloss.
  • Nach vielen Um- und Anbauten und steter Modernisierung ist das Krankenhaus, das bei der Gebietsreform 1972 durch die Auflösung des Landkreises Alzenau in den Besitz des Landkreises Aschaffenburg übergeht, auf dem Schlossgutsgelände bis heute in Betrieb.
  • Der von Ludwig Eugen von Württemberg errichtete Schlosspark dient heute, nach mehreren Umgestaltungen und Neubepflanzungen den Rekonvaleszenten des Krankenhauses Wasserlos, den Besuchern und der Bevölkerung erholsamen Spaziergängen.
  • 1967 wird der damaligen noch selbständigen Gemeinde Wasserlos durch Verfügung des Bayerischen Staatministeriums des Innern die Annahme eines Wappens und das Führen einer eigenen Fahne gestattet.
Bedingt durch Rebkrankheiten und Schädlinge kommt gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Weinwirtschaft gänzlich zum Erliegen. Der Wasserloser Straßen- und Hochbauunternehmer Richard Becker beginnt in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder mit dem Anlegen von kleinen Parzellen Wingert. Allmählich nehmen auch andere Wasserloser Landwirte den Weinbau wieder auf und betreiben ihn immer intensiver. Heute sind die Weingärten von Wasserlos in privater Hand. Es gedeihen auf verwittertem Urgestein (Gneis, Granit, Glimmerschiefer und Quarzit) hervorragende Weine, die zu den besten Weinen im Frankenland gehören. Vollmundige und körperreiche (mineralreiche) Weine gibt es zu probieren.
Vielleicht besuchen Sie einmal Wasserlos, den Stadtteil von Alzenau, um in den verschiedenen Winzer- und Weinstuben die köstlichen Tropfen, die unser Boden, unser Klima und der Fleiß der Weinbauern geschaffen hat, zu genießen.